TAG 23
Wunderland
Donnerstag Nachmittag sind Lene und ich aufgebrochen um Neues zu entdecken. Das Ziel sollte der Tongariro National Park sein, der sich etwas mehr als eine Stunde südlich von Taupo befindet. Dort, im National Park Village mit rund zweihundert Einwohnern, hatte sich Lene für einen Job in einer Lodge beworben. Abends haben wir noch etwas zusammengesessen, gelacht, Pläne geschmiedet und das Internet genutzt. Am nächsten Morgen trennten sich dann nach etwas mehr als zwei Wochen unsere Wege. Lene wird die nächsten sechs bis zehn Wochen in dem beliebten Skigebiet bleiben und ich bin nach Raetihi weitergezogen. Ein Ort, der die größe des National Park Villages hat und aus ein paar wenigen Häusern besteht. Der nächste größere Ort liegt hundertfünfzig Kilometer entfernt und heißt Wanganui - wäre die eine Straße nicht gesperrt wären es nur hundert Kilometer Fahrweg, hab ich mir sagen lassen. Ich arbeite auch und zwar ebenfalls Lodge, in der fast nie jemand übernachtet. Trotzdem gibt es tausend Dinge zu erledigen. Türklinken putzen, Holzhacken und die Spa Pools konstant auf neununddreißig Grad heizen. Es könnte ja der seltene Fall eintreten, dass sich ein Gast hierher verirrt. Unter dem Begriff Lodge hatte ich mir bis jetzt immer etwas Anderes vorgestellt. Irgendwie besser. Das Hostel in Taupo könnte sich demnach Luxus Backpacker nennen.
Die Natur ist unbeschreiblich schön. Das wusste ich bereits vor drei Jahren, als ich auf dem Mount Ruapehu skifahren war, der übrigens direkt durch mein Fenster blickt. Der Schicksalsberg, Mount Doom, bekannt aus Herr der Ringe, winkt durchs Küchenfenster. Beide Berge sind dick mit Schnee bedeckt und nachts kommt der Winter zurück und hinterlässt eine winzige Eisschicht auf dem fast künstlich wirkendem grünen Gras, die nach den ersten goldenen Sonnenstrahlen wieder verschwindet. Passend zu diesen Temperaturen habe ich mir eine Erkältung eingefangen, die seit etwa anderthalb Wochen nicht besser zu werden scheint. Deshalb habe ich mich heute auf den Weg nach Wanganui gemacht und habe einen Arzt aufgesucht um an das richtige Antibiotikum zu kommen. Und genau so komme ich auch dazu auf meinen Blog zu schreiben, denn ich sitze gerade bei Burger King. Die einzige Internetquelle. Mein Hostel bietet zwar Internet an, aber nur 100 Megabite pro Woche. Die sind allerdings maximal nach einer Stunde verbraucht. Beim Skypen wahrscheinlich nach wenigen Sekunden.
Auf dem Weg nach Wanganui habe ich mindestens fünf Pausen gemacht, um Fotos von der unglaublichen Natur zu machen. Es sieht aus wie das Auenland aus Herr der Ringe - unbeschreiblich weit. Wasserfälle, dichter Urwald, meterhoher Farn und weiße runde Schafe an jeder Rundung - Ecken gibt es nicht.
Am Donnerstag haben sich Lene, Cecilia und ich uns noch einen anderen Job angeschaut. Kühe melken bei Familie van der Jagd in Rangiteiki. Es hörte sich alles so gut an. Zwanzig Dollar sollte man die Stunde verdienen, etwa dreizehn Euro. Das wäre perfekt gewesen. Doch leider befand sich die Farm fünfundvierzig Minuten von Taupo entfernt und lag direkt im Nirgendwo. Das bedeutete drei Stunden Autofahrt am Tag, da man zwei Schichten von morgens um drei bis neun und von dreizehn bis neunzehn Uhr arbeitet. Übernachten müsste man Taupo. Da mein Auto aber so viel Benzin verbraucht und ich fast alle zwei Tage hätte tanken müssen, lohnt sich dieser ganze Aufwand nicht und von den zwanzig Dollar würde nicht viel übrig bleiben. Auf der Farm leben 3200 Kühe, die täglich gemolken werden müssen. Da das Melken mit der Hand bei dieser Anzahl von Kühen unmöglich ist, ist die Farm auf dem neusten Stand. Fast alles geht automatisch. Die Kühe laufen selbständig auf eine riesige Plattform, die sich langsam dreht. Daraufhin werden die sogenannten Cups angeschlossen, die die Milch aus den Eutern pumpen. Nach einer 360 Grad Drehung verlassen die Kühe wieder die Plattform und gehen zurück auf die Weide. Die Arbeiter haben es allerdings nicht so einfach, wie es sich anhört. Tritte und Kuhmist im Gesicht gehören zur Tagesordnung.
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